Entstehung der Pferdekopfgeige
(Morin khuur)

Es war einmal in alter Zeit ein kleiner Schäferjunge namens Sucho, der lebte in den Weidegründen der Tsachar. Er war ein Waisenkind. Seine Großmutter zog ihn auf. Sie besaßen einige Schafe als ihr eigen. Sucho führte die Schafe auf die Weide und half seiner Großmutter das Essen kochen und das Zelt in Ordnung zu halten. Als er siebzehn Jahre alt wurde, war er bereits ein beliebter Sänger. Alle Schafhirten und Viehzüchter in der Nachbarschaft liebten seinen Gesang.

Eines Tages war die Sonne schon untergegangen und es wurde rasch Nacht, aber Sucho war noch immer nicht nach Hause gekommen. Die Großmutter ängstigte sich sehr doch endlich kam Sucho nach Hause. In seinen Armen trug er ein weißes, wolliges Ding. Es war ein neugeborenes Fohlen. Sucho sah die erstaunten Gesichter rundherum und Sagte lächelnd:

»Auf meinem Weg bin ich da auf dieses kleine Ding gekommen, wie es am Boden lag. Von seiner Mutter war keine Spur. Es war ganz allein. Ich hatte Angst, dass es die Wölfe fressen würden, und so habe ich es hierher zum Zelt zurückgebracht!«

Die Zeit verging. Das kleine Fohlen wuchs sich zu einem kräftigen Pferdchen aus, dank all der Pflege, die Sucho ihm gab. Es war schneeweiß, gesund und schön. Wer auch immer es sah, liebte es und Sucho liebte es mehr als alle andern.

Eines nachts wurde Sucho wach durch aufgeregtes Wiehern. Er sprang in seinem Bett hoch und eilte aus dem Zelt. jetzt konnte er auch wildes bäh-bäh-Schreien der Schafe in der Hürde nebenan hören. Wie er hinkam, verteidigte das weiße Pferd die Herde vor einem großen Grauwolf. Als Sucho herankam, lief der böse Wolf davon. Sucho stieg auf sein Pferd und jagte hinter dem Wolf her. Bald überholte er ihn und fing ihn mit seiner Fangschlinge. Stolz schleppte er den toten Grauwolf zum Zelt zurück. Das weiße Pferd war am ganzen Leib schweißnass. Sucho liebte es mehr als je, weil es die Schafe beschützt hatte. Er tätschelte seinen schweißnassen Leib und liebkoste es. Seither waren Sucho und das weiße Pferd enge Freunde und jede Minute Trennung voneinander schien jedem der beiden zu lange zu sein. Einmal kam im Frühling die Nachricht, der Prinz werde ein Pferderennen abhalten beim Lama -Tempel. Derjenige, der gewänne, würde die Hand seiner Tochter erhalten. Auch Sucho hörte die Nachricht. Seine Freunde redeten ihm zu, sich am Rennen zu beteiligen. Und so ging Sucho mit seinem weißen Pferd, das er so sehr liebte, ebenfalls zum Rennen. Alle Nachbarn wünschten ihm Glück und einige begleiteten ihn sogar, um das Rennen zu sehen.

Das Rennen begann. Viele kräftige und gesunde junge Männer nahmen daran teil. Und sie peitschten auf ihre Pferde ein und galoppierten so rasch sie konnten, aber Sucho und sein weißes Pferd waren doch die Ersten, die den Zielposten erreichten.

»Ruft den Reiter auf dem weißen Pferd herbei!« sagte der Prinz von seinem Zuschauerplatz aus. Als er aber sah, dass der Sieger nur ein einfacher Hirtenjunge war, sagte er nichts mehr von einer Heirat mit seiner Tochter, sondern sagte nur schlau: »Man wird dir drei große Goldstücke für dein Pferd geben, und nun magst du dich entfernend Sucho aber wurde wütend. »Was soll das«, sagte er, »glaubt er, ich werde mein liebes weißes Pferd verkaufend Und so sagte er offen heraus: »Ich bin gekommen, um ein Rennen zu reiten, nicht zu einem Pferdeverkauf!« Der Prinz wurde darüber zornig und befahl seinen Dienern, Sucho mit Prügel zu strafen. Von allen Seiten drangen die Diener auf ihn ein und sie prügelten ihn, bis er das Bewusstsein verlor, und dann warfen sie ihn von den Thronstufen herunter. Der Prinz aber nahm das weiße Pferd mit sich nach Hause.

Sucho wurde von seinen Freunden nach Hause gebracht. Seine Großmutter pflegte ihn liebevoll, und nach kurzer Zeit genas er wieder. Dann eines nachts, gerade als Sucho schlafen gehen wollte, hörte er, wie etwas an die Zelttür schlug. »Wer ist da?« rief er. Niemand gab Antwort, aber es wurde weiter an die Tür geschlagen. Die Großmutter ging und öffnete die Zelttür. Erstaunt rief sie aus: »Oh, es ist das weiße Pferd.« Sucho stürzte hinaus. Da stand wirklich das weiße Pferd. Der Schweiß fiel in großen Tropfen von ihm. Sieben oder acht Pfeile steckten in seinem Leib. Sucho biss die Zähne zusammen und meisterte seinen Kummer. Er zog dem Pferd die Pfeile heraus und nun strömte das Blut aus den Wunden. Das Pferd war schwer verwundet. Am nächsten Tag verendete es. Was war geschehen?

Voller Freude, dass er so ein feines Pferd bekommen hatte, hatte der Prinz seine Freunde und seine Familie eingeladen, um dies an einem schönen Tag mit einem Fest zu feiern. Er wollte das Pferd vorführen und befahl, dass man es herausführen solle. Aber als er aufsitzen wollte, stieg es und warf den Prinzen ab. Das Pferd aber galoppierte davon.

»Fangt es, fangt es«, rief der Prinz, der mühsam wieder aufstand, »und wenn ihr es nicht fangen könnt, tötet es!« schrie er zornig. Ein Hagel von Pfeilen regnete auf das Pferd. Das Pferd aber konnte doch noch nach Hause kommen, um am Orte seines richtigen Herrn zu sterben.

Sucho beweinte es tief. Und Tag und Nacht konnte er keine Ruhe mehr finden. In einer schlaflosen Nacht, als er sich wieder einmal von der einen auf die andere Seite warf, glaubte er sein Pferd lebendig vor sich stehen zu sehen. Es kam ganz nahe zu ihm heran und er streichelte es. »Kannst du dir nicht irgend etwas ausdenken, lieber Herr, dass ich immer bei dir bin und dir Gesellschaft leiste? Mach doch aus meinen Knochen eine Geige«, sagte das Pferd.

Am nächsten Morgen schnitzte Sucho aus den Knochen den Kopf seines geliebten Pferdes und setzte es oben auf den Geigenhals, wo die Wirbel sind. Er machte aus den Sehnen des Pferds die Saiten und nahm das Haar von seinem wehenden Schweif für die Bogen zu spannen. Und immer wenn er nun seine pferdeköpfige Geige spielte, erinnerte er sich an das herrliche Gefühl, wenn er auf seinem Pferd galoppiert war, und er vergaß den bösen Prinzen nicht. Diese Gedanken drückte er nun in seiner Musik aus. Die Geige wurde zur Stimme des Volkes und all die Leute kamen abends nach der Arbeit, um zuzuhören, wenn er spielte. Und so ist die pferdeköpfige Geige entstanden.

mongolische Pferdekopfgeige

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